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Freistellung § Definition, Rechte & Pflichten

Wird ein Arbeitsverhältnis ordentlich, also unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Fristen, gekündigt, kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist freistellen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber in der verbleibenden Zeit der Anstellung des Arbeitnehmers freiwillig auf dessen Arbeitsleistung verzichtet, jedoch weiterhin zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist. Der anschliessende Text klärt Sie über die Gesetzgebung der Freistellung sowie dessen spezifischen Regelungen auf und beantwortet zudem welche Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für den Zeitraum der Suspendierung erlaubt sind.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Definition & Rechtslage der Freistellung

Unter einer Freistellung oder Suspendierung versteht man die ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers ab einem bestimmten Zeitpunkt vorübergehend oder endgültig zu verzichten. Je nach Vereinbarung entfällt oder bleibt der Vergütungsanspruch fortbestehen.

Somit wird nicht nur die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, sondern auch dessen vertragsgemässer Beschäftigungsanspruch aufgehoben. Das Schweizer Obligationenrecht regelt die Freistellung nicht explizit. Die Befugnis, auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu verzichten, kann sich auf das Weisungsrechts des Arbeitgebers nach Art. 321d OR stützen. Nichtsdestotrotz es sinnvoll ist, die Rahmenbedingungen von beiden Vertragsparteien schriftlich festzuhalten.

Sollten bezüglich der Suspendierung noch offene Ferienansprüche bestehen, die laut Art. 329d Abs. 2 OR während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen abgegolten werden dürfen, sind diese grundsätzlich im Zuge der Freistellung zu kompensieren. Ist eine Kompensation beispielsweise durch eine intensive Stellensuche nicht möglich, sind die Ferien auszuzahlen. Für den Ausgleich von Überstunden ist nach Art. 321c OR das beidseitige Einverständnis notwendig. Das Einholen des Einverständnisses auf Seiten des Arbeitgebers ist bei Krankheit, Unfall, Stellensuche und Ferienbezug nicht verpflichtend.

Motive zur Freistellung des Arbeitnehmers

Unternehmen beziehungsweise Arbeitgeber haben unterschiedliche Motive zur Freistellung Ihrer Arbeitnehmer. Als massgebende Gründe haben sich dabei mangelnde Loyalität, negative Beeinflussung von Kollegen, fehlende Durchsetzungskraft nach Bekanntwerden des Ausscheidens und die Tatsache, dass der Nachfolger bereits verpflichtet wurde, herauskristallisiert. Darüber hinaus ist die Freistellung des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber von Bedeutung, wenn zuvor kein nachvertragliches Konkurrenzverbot beschlossen wurde und der ausscheidende Arbeitnehmer zur Konkurrenz wechseln möchte. Trotzdem ist ein Arbeitgeber aufgrund des Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers nur in seltenen Fällen zu einer einseitigen Freistellung berechtigt. Auch wenn der Arbeitgeber das Gehalt weiterbezahlt, ist eine Suspendierung ohne beiderseitigem Einverständnis rechtswidrig.

Fallbeispiel aus der Praxis

Der Arbeitgeber möchte eine Arbeitnehmerin nach Beendigung der Elternzeit nicht mehr weiter beschäftigen und bietet einen Aufhebungsvertrag an. Um den Druck auf die Arbeitnehmerin zu erhöhen, stellt er sie bis auf weiteres unter Lohnfortzahlung von der Arbeit frei. Eine solche Freistellung ist rechtswidrig.

Erlaubt ist eine einseitige Freistellung durch den Arbeitgeber bei Fortzahlung der Vergütung, wenn das Interesse eines Arbeitgebers an einer temporären Suspendierung das Interesse des Arbeitnehmers an einer vertragsgemässen Beschäftigung überwiegt. Das ist der Fall, wenn:

  • der Arbeitgeber Grund für die Befürchtung hat, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist (obwohl er sich selbst als gesund ansieht)
  • das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Parteien massiv gestört ist (beispielsweise bei dem dringenden Verdacht strafbarer Handlungen des Arbeitnehmers)
  • von dem Arbeitnehmer eine Gefahr für andere Arbeitnehmer oder Kunden ausgeht (etwa wegen ansteckender Krankheit)
  • es keine Einsatzmöglichkeit gibt (zum Beispiel bei Auftragsmangel oder technischen Betriebsstörungen)
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Über diese eher seltenen Fälle hinaus, erkennen die Arbeitsgerichte eine einseitige Freistellungsbefugnis des Arbeitgebers in der Regel an, wenn:

  • die Kündigungsfrist eher kurz ist (etwa 1 bis 3 Monate dauert)
  • der Arbeitnehmer einen erheblichen, der Kündigungsfrist in etwa entsprechenden Urlaubsanspruch und/oder Freizeitausgleichsanspruch hat
  • das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt worden ist und daher nur noch für die Dauer der Kündigungsfrist besteht

Da der Arbeitgeber nicht mehr in der Lage wäre die Resturlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche in der Zeit vor der bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu gewährleisten, kann dieser unter Fortzahlung der Vergütung sowie Anrechnung der Ansprüche, den Arbeitnehmer freistellen. Rechtlich gesehen, ist eine Urlaubsgewährung gegen Ende des Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Urlaubsabgeltung rechtlich erwünscht.

Wann verlängert sich die Freistellungszeit über die Kündigungsfrist hinaus?

Erkrankt ein Arbeitnehmer während seiner Freistellungszeit oder hat er einen Unfall, kann sich sein Arbeitsverhältnis verlängern. In dieser Situation tritt die Regelung der Sperrfrist nach Art. 336c OR in Kraft. Wenn dem so ist, kann der Arbeitgeber die Freistellung zurückziehen und das Arbeitsverhältnis entsprechend verlängern. Zudem besteht allenfalls die Möglichkeit, die Freistellung zur Gänze zurückzunehmen.
Ist ein Arbeitnehmer vorbehaltlos freigestellt worden, kann dieser noch während der Kündigungsfrist eine andere Stelle antreten, sofern die neue Tätigkeit den alten Arbeitgeber nicht konkurrenziert. Der Arbeitgeber ist allerdings dazu verpflichtet, den Arbeitgeber über die neue Stelle zu informieren. Dies leitet sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers ab.

Kompensation von Überstunden und Ferien

Der Arbeitgeber kann keine einseitige Anordnung der Kompensation von Überstunden veranlassen. So muss auch in der Zeit der Freistellungsdauer die Zustimmung des Arbeitnehmers erfolgen. Besteht keine vertragliche Abmachung, dass die Überstunden durch die Freistellung nach Kündigung des Arbeitsvertrags abgegolten werden, kann der Arbeitnehmer am Ende des Arbeitsverhältnisses auf eine Auszahlung der Überstunden bestehen. 

Wurde nach Art. 321c Abs. 3 OR keine abweichende schriftliche Regelung abgeschlossen, sind die Überstunden mit einem Zuschlag von 25 Prozent zu bezahlen. Die Frage, ob Ferien durch die Freistellungszeit kompensiert werden können, ist strittig. Das Zürcher Arbeitsgericht hat als Faustregel aufgestellt, dass die Freistellungszeit mindestens dreimal so lange sein muss wie die Restferien, damit diese als kompensiert gelten können. Diese Regel wird jedoch nicht als absolut angewandt und muss für jeden Einzelfall gesondert geprüft werden.

So kann ein Anwalt für Arbeitsrecht Sie unterstützen!

Da das Schweizer Obligationenrecht die Freistellung nicht explizit regelt, ist die Suspendierung ein heikles Thema im Arbeitsrecht. Aus Beweisgründen ist daher immer zu empfehlen, die Freistellung schriftlich zu erklären sowie die Rahmenbedingungen in einer Vereinbarung zusammenzufassen und durch beide Parteien abzusegnen. Bevor Sie sich auf die Freistellung einlassen, sollten Sie einen Anwalt für Arbeitsrecht einen Blick auf das Dokument werfen lassen. Dieser kann die Vereinbarung rechtlich überprüfen und Ihnen bei Fragen zur Seite stehen.

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FAQ: Freistellung

Mit der Freistellung erklärt der Arbeitgeber ausdrücklich, auf die Arbeitsleistung seines Arbeitnehmers ab einem bestimmten Zeitpunkt vorübergehend oder endgültig zu verzichten. Je nach Vereinbarung entfällt oder bleibt der Vergütungsanspruch fortbestehen.
Wird der Arbeitnehmer während der Freistellung krank, tritt die Regelung der Sperrfrist in Kraft und das Arbeitsverhältnis wird dementsprechend verlängert.
Eine Freistellung muss grundsätzlich auf dem Einverständnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer basieren und kann nur in selten Fällen einseitig geltend gemacht werden. Unzulässig ist eine Freistellung vor allem dann, wenn diese vom Arbeitgeber unbezahlt bleibt.
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Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion

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