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Arbeitnehmertreue § Rechtslage & Bestandteile & Sanktionen

Die Arbeitnehmertreue beschreibt die Loyalitätspflicht, die der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber innehat. Mit Abschluss des Arbeitsvertrags gehen beide Parteien ein gegenseitiges Bündnis ein, das den Arbeitgeber zur Fürsorgepflicht und den Arbeitnehmer zur Treuepflicht bestimmt. Dem Schweizer Obligationenrecht zufolge, geht der Arbeitnehmer mit der vertraglich übernommenen Arbeit eine Sorgfalts- und Treuepflicht ein. Im folgenden Ratgeber klären wir Sie auf, an welche Voraussetzungen und Kriterien diese gebunden ist und wann der Arbeitnehmer eine Treuepflichtverletzung begeht.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze

Definition & Rechtslage der Arbeitnehmertreue

Seine Ausgangslage findet die Verpflichtung der Arbeitnehmertreue in Artikel 321a OR die besagt, dass die an den Arbeitnehmer übertragene Arbeit sorgfältig und im berechtigten Interesse des Arbeitgebers verrichtet werden muss.

Unter diese Sorgfalts- und Treuepflicht fallen einerseits die fachgerechte Bedienung von Arbeitsgeräten, technischen Anlagen und Materialien sowie die korrekte Ausführung von Anweisungen für den Arbeitsprozess. Auf der anderen Seite unterliegt der Arbeitnehmer einer Rechenschafts- und Herausgabepflicht und muss alles sofort herausgeben, was er in Ausübung seiner vertraglichen Tätigkeit hervorbringt.

Diesbezüglich ist es ihm auch nicht erlaubt, Arbeit gegen Entgelt für Dritte zu leisten und ist zur Fabrikations- und Geschäfts Geheimhaltung auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses verpflichtet. Der Gesetzestext regelt zudem die Überstundenarbeit, die der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zu leisten vermag, wenn diese notwendig ist. Diese Mehrarbeit muss jedoch im Einverständnis durch Freizeit oder Lohn zu entgelten, wenn keine andere schriftliche Vereinbarung getroffen wurde.

Bestandteile der Arbeitnehmertreue

Die Treuepflicht des Arbeitnehmers erstreckt sich über viele Bereiche, die von der Wahrung des Betriebsfriedens sowie des Unternehmensimage über die Arbeitsstundenregelung bis hin zur Geheimhaltungs- und Rechenschaftspflicht. Folgende Punkt gehen auf die genauen Bestimmungen ein, die ein Arbeitnehmer zu beachten hat:

Betriebsfrieden

Im Rahmen der Treuepflicht wird der Arbeitnehmer dazu aufgefordert den betrieblichen Frieden zu wahren. Darunter zählen:

  • keine ungebührlichen oder strafbaren Handlungen gegen Vorgesetzte, Arbeitskollegen oder Untergebene sowie den Arbeitgeber persönlich zu begehen
  • keine Unruhe stiften
  • die Arbeitskollegen nicht gegen den Arbeitgeber zu hetzen
  • und die Arbeitskollegen nicht zum Vertragsbruch zu ermuntern.

Unternehmensimage

Zusätzlich zum innergemeinschaftlichen Betriebsfrieden sollte der Arbeitnehmer auch grundsätzlich alles Unterlassen, das dem Image des Unternehmens schaden könnte. Aus Gründen der Treuepflicht gilt dies auch dann, wenn die Tatsache wahr sein sollte.

Privates Verhalten des Arbeitnehmers

Beim privaten Verhalten gilt generell seine Handlungen und Äusserungen gemäss des Unternehmensimage zu wahren und nicht für schlechte Nachrede zu sorgen. Im besonderen Augenmerk bei Arbeitnehmern mit höheren Funktionen. Leitende Angestellte oder Personen, die in Betrieben mit ideellen Zwecken arbeiten wie in der Wissenschaft oder Politik, haben ihre treuepflichtigen Verhaltensweisen zusätzlich gemäss ihrer Position zu berücksichtigen.

Schwarzarbeit & Bestechung

Wie bereits beschrieben, darf der Arbeitnehmer gemäss Art. 321 OR während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten, insbesondere wenn der Arbeitgeber dadurch konkurrenziert wird. Diese Vorschrift erklärt das Schema der Schwarzarbeit. Wurde das Konkurrenzverbot nicht vertraglich vereinbart, erlischt diese gesetzliche Treuepflicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zusätzlich zur Schwarzarbeit ist dem Arbeitnehmer jegliche Form der Bestechung untersagt. Gegen die Treuepflicht verstösst der Arbeitnehmer, wenn er Schmiergelder verlangt oder annimmt. Laut Art. 423 OR ist der Arbeitgeber befugt, pflichtwidrig entgegengenommene Schmiergelder heraus zu verlangen.

Produktionsmittelschonung

Die Treuepflicht des Arbeitnehmer setzt unter anderem auch einen professionellen Umgang mit den Arbeitsgeräten– und mitteln voraus. Die Produktionsmittelschonung umfasst dabei:

  • Material
  • Technische Einrichtungen
  • Fahrzeuge
  • Maschinen
  • Anlagen
  • und Arbeitsgeräte.

Betriebsmittelmissbrauch für Privatzwecke

Da die private Nutzung des Internets sowie die des E-Mail-Zugangs am Arbeitsplatz zahlreiche arbeits-, Datenschutz und auch strafrechtliche Fragen aufwirft, ist diese untersagt.

Betriebsinformationen

Neben der Herausgabepflicht, dem Arbeitgeber alles herauszugeben, was der Arbeitnehmer während seiner vertraglichen Tätigkeit hervorbringt, muss dieser auch Betriebsinformationen weitergeben. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber über Bestellungen, besondere Vorfälle wie Schadensmeldungen, Geschäftsabschlüsse und ähnliche Tatsachen umgehend zu informieren.

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Überstunden und Überzeit

Die Vorgabe der Gesetzgebung unter Art. 312c OR gebietet es der Treuepflicht dem Arbeitgeber gegenüber, dass der Arbeitnehmer bei Notwendigkeit nach Leistungsfähigkeit und Zumutbarkeit Überstunden beziehungsweise Überzeit Arbeit leistet. Der Arbeitgeber kann dies nach Treu und Glauben im speziellen anordnen, wenn unerwartet Personallücken, eine Betriebsstörung oder ein temporärer Auftragsüberhang bestehen.

Geheimhaltungspflicht, Rechenschaftspflicht & Herausgabepflicht

Art. 321a Abs. 4 OR verpflichtet den Arbeitnehmer dazu, Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse von denen er während des Dienstes Kenntnis erlangt hat, nicht verwerten oder anderen Personen mitteilen. Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses, soweit es die Wahrung des Interesses des Arbeitgebers erfordert. Die Rechenschaftspflicht sieht vor, dass der Arbeitnehmer vereinnahmte Geldbeträge oder erhaltenen Gegenstände, aber auch über etwaige Tätigkeiten dem Arbeitgeber offen zu legen.

Demzufolge hat die Rechenschaftslegung unaufgefordert, wahrheitsgemäss, vollständig, rechtzeitig und durch entsprechende Abrechnung zu erfolgen. Gestützt auf Art. 321b OR hat der Arbeitnehmer neben seiner Rechenschaftspflicht zudem unverzüglich herauszugeben, was er in Ausübung seiner Tätigkeit für den Arbeitgeber hervorbringt und in diesem Zuge von möglichen Dritten erhält.

Wann begeht ein Arbeitnehmer eine Treuepflichtverletzung?

Eine Treuepflichtverletzung begeht ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber, wenn dieser ein ungebührliches Verhalten an den Tag legt, wie ein auffälliges Benehmen oder eine Taktlosigkeit, dieser widerrechtlich handelt oder eine strafbare Handlung zum Nachteil des Arbeitgebers vollzieht. Darunter fallen zum Beispiel Sachbeschädigung, Beschimpfung, Veruntreuung oder etwa Bestechung. Ausserdem verletzt ein Arbeitnehmer seine Treuepflicht schwer bei Abwerben von Mitarbeitern, zur Anstellung bei seinem in Gründung befindlichen eigenen Unternehmen oder für ein Drittunternehmen. Dies gilt gleichermassen für die Abwerbung von Kunden nach Beendigung des Arbeitsverhältnisse.

Welche Sanktionen kann der Arbeitgeber bei der Treuepflichtverletzung verhängen?

Verletzt ein Arbeitnehmer seine Treuepflicht und bringt seinen Arbeitgeber dabei Schaden, kann dieser zu folgenden Sanktionen greifen:

  • mündliche oder schriftliche Abmahnung
  • Schadensersatz – durch eine Ordnungs- oder Konventionalstrafe
  • Erfüllungsklage – mit anschliessender Realvollstreckung oder Geltendmachung des Konkurrenzverbots bzw. der Rechenschafts-, Herausgabe-, oder Geheimhaltungspflicht
  • Ordentliche Kündigung – mit Begründung
  • Fristlose Entlassung – bei schweren Treuepflichtverletzungen

Da die Treuepflicht jedoch nicht in einem Austauschverhältnis mit dem Lohns steht, darf dessen Verletzung nicht die Reduktion des Lohns zur Folge haben. Zulässig ist laut Art. 323b Abs. 2 OR aber eine Verrechnung der Schadenersatzforderung mit der Lohnforderung.

Sonderregelungen im Bezug auf das Know-How

Eine gesonderte Form der Treuepflicht in Bezug auf das Fabrikations- und Geschäftsgeheimnis bildet das sogenannte Know-How. In der Arbeitswelt wird das Know-How als nicht patentierbare kaufmännische, technische und betriebswirtschaftliche Erfahrung und Kenntnisse verstanden, deren Nutzung für Administration, Vertrieb, Organisation und Produktion nützlich oder notwendig ist. Es erfüllt nicht nur die Erfordernis der praktischen Anwendung, sondern stellt auch eine gewisse Informationssicherheit dar und befugt den Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch sein Mobilitätsrecht.

Das eingebrachten Know-How des Arbeitnehmers gepaart aus Ausbildungskenntnissen, Geschicklichkeit und Berufserfahrung, beschreiben seine persönlichen Fähigkeiten und vielmehr noch sein Recht, diese frei zu nutzen. Selbst wenn er dadurch seinen früheren Arbeitgeber konkurrenziert. An den daraus resultierenden Arbeitsergebnissen hat der Arbeitgeber ein Recht darauf und entschädigt diese Arbeitspflicht mit Lohn.

So kann ein Anwalt für Arbeitsrecht Sie unterstützen!

Jeder wünscht sich ein angenehmes und vertrauensvolles Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Kommt es auf Seiten des Arbeitnehmers jedoch zu einer Verletzung der Treuepflicht, sollte ein Anwalt für Arbeitsrecht in Anspruch genommen werden. Er kann im Einzelfall vermitteln und ein klärendes Gespräch zwischen den Parteien führen. Bevor er zu möglichen Sanktionen kommt, hilft ein erfahrener Arbeitsrechtsberater den Verstoss zu begutachten und den Schadensersatz vor einer Kündigung des Arbeitsvertrags oder einer Erfüllungsklage zu ermöglichen. Das erspart nicht nur Zeit und Geld, sondern auch einen nervenaufreibenden Prozess vor Gericht.

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FAQ: Arbeitnehmertreue

Nach Art. 321a OR hat der Arbeitnehmer die vertraglich übernommene Arbeit sorgfältig ausführen und dabei die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren. Vorrangig hat der Arbeitnehmer mit bestem Wissen und Gewissen zu handeln, den Vorschriften des Arbeitgebers Folge zu leisten sowie diesem und dem Unternehmensimage nicht zu schaden.
Grundsätzlich erlischt mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die Treuepflicht gegenüber des ehemaligen Arbeitgebers. Jedoch kann sich ein Arbeitnehmer schriftlich verpflichten, sich nach des Arbeitsverhältnisses jeder konkurrenzierenden Tätigkeit zu enthalten. Dieses Konkurrenzverbot ist verpflichtend, wenn dadurch Einblicke in Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse oder in den Kundenkreis gewährt werden und somit die Verwendung der Kenntnisse des vorherigen Arbeitgebers schädigen.
Verletzt der Arbeitnehmer einen oder mehrere Punkte der oben angeführten Treueverpflichtungen, hat dieser mit Sanktionen zu rechnen. Je nach Schweregrad reichen die Konsequenzen von einer Abmahnung über eine Schadensersatzforderung bis hin zu einer Erfüllungsklage und/oder fristlosen Kündigung.
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Ein Beitrag unserer juristischen Redaktion

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